Worüber lacht die Mona Lisa? Was ist Iphigenies Problem? Ist die Loreley überhaupt naturblond? Oder ist alles nur eine Fata Morgana? Warum werden aus Männern Schweine, und was soll Circe damit zu tun haben? Was trägt die Jungfrau von Orléans drunter? Wie klaut frau unauff ällig einen Bechstein-Flügel? Was haben Männer und Zigaretten gemeinsam? Und warum soll eine Frau kein Verhältnis haben? Diese und andere brennende Fragen beantworten – vielleicht! – Karola Pavone, Sängerin und am (frisch geklauten) Klavier Nadine Schuster, unter Zuhilfenahme gesammelter Thesen der letzten 5000 Jahre Kultur- und Musikgeschichte … und berufen sich dabei auf große Kenner des Weiblichen, Männlichen, Menschlichen.
Eine Revue mit Texten und Tönen von und nach Hollaender, Kästner, Benatzky, Kreisler, Tucholsky, Oscar Straus, Irmgard Keun, Madame du Chatelet, Pavone, Schuster und anderen, die es wissen müssen.
WAS ES IST Als „altmodisch“ bezeichnen wir unseren Abend durchaus (selbst)ironisch. Die Liste der aufgeführten Autoren verrät, dass das meiste verwendete Material um die sogenannten goldenen Zwanziger herum, angesiedelt hauptsächlich in und um die Gattung des (Berliner) Kabaretts, entstand. Der Bogen reicht von Madame du Chatelet, langjährige Partnerin Voltaires, über Franz Schubert bis zum Chanson von Georg Kreisler aus den 1970er Jahren. Was diese Werke gemeinsam haben, ist die feine Ironie, der bis zum Sarkastischen reichende Tonfall, mit dem auch vor 100 Jahren schon gesellschaftliche und (tages-) politische Phänomene rezipiert und karikiert wurden – der absurde Humor, mit dem man sich gern über das Bildungsbürgertum mokierte (Holländers „Circe“, Straus` „Cleopatra“, Benatzkys „Jungfrau von Orléans“…) öffnet auch die Tür für bissigere Kommentare zur politischen Lage und zu teils prekären gesellschaftlichen Verhältnissen, wie in Künnekes „Lied der Europa“, Kästners „Handstand auf der Lorelei“, Hollaenders „Zieh dich aus, Petronella“. Der rote Faden, der Themen und Autoren verbindet, ist, wie der Titel verrät, das „Weibsbild“ – in diesem Falle nicht nur ironisch, sondern auch vielschichtig zu verstehen: es geht schließlich (auch) um Bilder, um die Wahrnehmung und Darstellung verschiedener weiblicher Schlüsselgestalten, mal historisch verbürgt, mal in Kunst- und Kulturgeschichte erdacht und verankert. Es singen und spielen zudem zwei „Weibsbilder“, die unterschiedlicher nicht sein könnten und diese legendären Damen beschreiben, ihnen gar Ihre Stimmen leihen – und sich in ihrer Eigenschaft als Musikerinnen und Theaterdarstellerinnen letztlich auch selbst als Projektionsfläche zur Verfügung stellen. Dass ein Abend über Frauen hauptsächlich von Werken aus männlichen Federn zusammengesetzt ist, ist nicht bloß dem Mangel oder der fehlenden Sichtbarkeit weiblicher Autorinnen geschuldet. Auch hier spiegelt sich das Schaffen gewisser Phantasien vielseitig und symbolkräftig wider. Drei prominente, jedoch unterrepräsentierte „Weibsbilder“ kommen allerdings zu Wort. Die hoch gebildete Madame Emilie du Chatelet, die als Lebensgefährtin Voltaires wohl maßgeblichen Beitrag zur Aufklärung leistete, setzte sich mit ihrem Essay „Rede vom Glück“ ein kleines, aber feines Denkmal; Irmgard Keun charakterisiert sich in ihrem „Selbstporträt einer Frau mit schlechten Eigenschaften“ durchaus pitzfindig, und zu guter Letzt kommt auch Kaiserin Elisabeth kurz zu Wort; dass auch der mitunter selbst gewählte Rahmen, in dem man sich dekorativ positioniert, nicht immer das große Glück bedeutet, wissen Menschen(bilder) allerlei Geschlechts. Neben vernachlässigten AutorInnen und dem allzeit florierenden, eloquenten musiktheatralischen Schabernack widmet sich dieser Abend aber auch dezenten, ernsten Untertönen. Dass die frechen, moralisch und politisch freiheitlich gesonnenen Dichter und Komponisten – nicht selten jüdischer Abstammung – von der Bildfläche verschwunden sind, liegt nämlich einzig und allein am dramatischen Wandel, den die Gesellschaft ab dem Ende der 20er Jahre nahm. Die Beschaffung des teils verschollenen Notenmaterials mancher musikalischer Schmuckstücke ist auch heute noch erstaunlich schwierig – selbst in Zusammenarbeit mit z.B. den Nachlassverwaltern Ralph Benatzkys ist es nur mit Mühe gelungen, bestimmte Chansons zu rekonstruieren. Dennoch, auch angesichts der durchaus bedenklichen Vergesslichkeit unserer Gesellschaft, lohnt sich unseres Erachtens diese Mühe. Es mag ein spaßiger, schneller, bunter Theaterabend sein. Wer allerdings neben Witz und Unterhaltungswert den Verweis auf die nicht eingebüßte Aktualität dieser überaus ernsten Themen wahrnehmen will, macht auch die Künstlerinnen glücklich.
Veranstalter: musik · kultur · management gefördert durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW / Projekt Liedsommer 2020
musik · kultur · management Raimund Hegewald Im alten Kirschgarten 3 50259 Pulheim
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